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Am 01. Juli wurden in einem Gerichtssaal in Dresden unsere Welt und die Menschheit gleich zweimal auf brutalste Art und Weise zerstört als ein Angreifer, offenbar aus rassenfeindlichen und islamophoben Motiven, Marwa El-Sherbini und ihr ungeborenes Kind getötet hat. Wir möchten der Familie und insbesondere Marwa’s Ehemann unser Beileid und unsere Anteilnahme bekunden. Dieser Vorfall zeigt deutlich wie wichtig der gemeinsame Kampf gegen jegliche Ressentiments in unserer Gesellschaft und wie akut seine Notwendigkeit ist. Dieser Vorfall darf nicht von Extremisten benutzt werden um Muslime und Juden gegeneinander aufzuhetzen, sondern muss dazu führen, dass wir unsere Zusammenarbeit verstärken.

Das JuMuDia-Team

Im Zeichen der Zukunft

Zukunftsforum Islam auch mit JuMuDia

Das Zukunftsforum Islam ist ein Netzwerk für muslimische Intellektuelle, Studierende und Nachwuchswissenschaftler. Das Netzwerk ist ein gezieltes Angebot an zumeist nicht-organisierte Muslime, welche an einer freien und offenen Debatte über die Zukunftsfragen der Muslime in Deutschland interessiert sind. Dieses Jahr (15. – 17. Mai) wurden auch JuMuDia-Mitglieder gezielt eingeladen, sich an der jährlich stattfindenden Tagung zu beteiligen. So nahmen Sümeyye und David am diesjährigen Zukunftsforum teil. Neben der Teilnahme an höchst interessanten Podiumsgesprächen, Referaten und Workshops zu Themen wie Lebenswelten muslimischer Jugendliche, islamischer Theologie in Deutschland und Medienkompetenz von Muslimen, haben sie natürlich die Gelegenheit genutzt sich zu vernetzen. So wurden auch Kontakte zu Bundeszentrale für politische Bildung, dem Interkultureller Rat e. V. und der Vereinigung Muslimische Stimmen geknüpft.

Von Merfin

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Im Anschluss an das Zukunftsforum Islam beschlossen wir ein weiteres Treffen zu organisieren. So könnten wir die Erfahrungen aus dem Wochenende konstruktiv für die Gruppe umsetzen. Dabei gilt Merfin unser Dank, der mit viel Hintergrundwissen die Bemühungen einer Vereinsgründung gefüllt hat

Mit Idealismus und Engagement in Richtung Zukunft

Ich hatte schon viel von der Gruppe JuMuDia gehört, einige Mitglieder bereits während einer Synagogen-Führung in Duisburg kennen gelernt. Eine erste Einladung zu einem Workshop konnte ich damals leider nicht wahrnehmen – um so mehr bin ich von meiner ersten Teilnahme an dem JuMuDia-Treffen, das am 17. Mai diesen Jahres in Köln stattgefunden hat, beeindruckt.

Ich traf auf eine Runde verschiedener, spannender und idealistischer junger Menschen, die eines eint: Nämlich das Interesse, sich gegenseitig kennen und verstehen zu lernen und den, in den Medien vermittelten und in den Köpfen vorhandenen stereotypischen Bildern zu trotzen. Es stehen nicht nur die Religionen im Vordergrund – im Fokus steht der Mensch. Auch Agnostiker und Atheisten, die beispielsweise aus islamischen Ländern stammen, engagieren sich bei JuMuDia. Es geht um Dialog und den Idealismus der jungen, europäisch und multikulturell geprägten Generation. Es gilt das Zusammenleben zwischen Juden und Muslimen in Deutschland weiterzuentwickeln und zukunftsfähig zu prägen. Hierfür wurden in Köln erste Schritte zur Gründung eines eigenständigen Vereins gemacht. Denn um über einen längeren Zeitraum eine funktionierende Plattform zu bieten, muss die Initiative eine neue Stufe erreichen. Als Verein können Ideen, Visionen und Projekte gezielt realisiert, gefördert und zukunftsfähig aufgebaut werden.

Von Derya

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Die Veranstaltung, die ich heute, am Abend des 24.03 besuche, findet in den Räumlichkeiten des Kulturzentrums IGNIS in Köln statt. IGNIS e.V. wurde vor 15 Jahren als Osteuropäisches Kulturzentrum gegründet und diente damals als kulturelle Anlaufstelle für politische Emigranten und Oppositionelle aus Mittelosteuropa. Heute nennt es sich „Das Europäische Kulturzentrum IGNIS e.V.“ und hat im Laufe der Jahre eine Entwicklung vollzogen, sodass eine spürbare Öffnung nach außen hin deutlich wird.

Ich nähere mich dem Ort des Geschehens und werde von einer alten Villa mit einem kleinen und schönen Vorgarten begrüßt. Schon beim Eintreten fallen mir die häusliche Gemütlichkeit des Zentrums und seine nostalgische Inneneinrichtung auf. Der Abend wird musikalisch von Canay Yüzbasioglu und ihrer smoothen Stimme eingeleitet. Der Grund, warum sich die zahlreichen Frauen im Kulturzentrum eingefunden haben, ist die Frage: „Interreligiöse Hochzeiten – geduldet, unerwünscht, verboten oder ersehnt, erwünscht, erlaubt?“

Aufmerksam wurde ich auf die Veranstaltung durch einen Newsletter der Islamischen Hochschulvereinigung (IHV) der Universität Köln. „Perfekt für unseren JuMuDia!“, dachte ich mir und entschloss mich dazu, daran teilzunehmen. Ich sollte am Ende des Abends meiner spontanen Entscheidung sehr dankbar sein.

Viele Frauen sind heute hier. Von mondänen Damen in eleganter Kleidung bis hin zu jungen Studentinnen. Aus allen drei monotheistischen Religionen wurde jeweils eine „Expertin“ eingeladen. Rabeya Müller, Leiterin des Instituts für interreligiöse Pädagogik und Didaktik, versucht heute, die Islamische Perspektive darzustellen. Sie ist außerdem im Zentrum für Islamische Frauenforschung und Frauenförderung (ZIF)tätig. Das ZIF ist ein Zusammenschluss von Muslimischen Wissenschaftlerinnen, Juristinnen und Theologinnen, deren Hauptaugenmerk dem Leben einer Frau im Islamischen Kontext gilt.

Für den jüdischen Part ist heute Henny Bassenge zuständig. Als Leiterin des jüdischen Frauenvereins der Synagogengemeinde Köln kann sie auf Erfahrungen von vier Jahren zurück blicken. Auf die Frage der Moderatorin, wie ihre Reaktion wäre, wenn das eigene Kind/Neffe/Nichte mit einem Partner einer anderen Religionsgemeinschaft anbandeln würde, antwortet sie mit einem jüdischen Sprichwort:„Schickse hin, Schickse her. Aber Schickse nicht weg.“

Erläuternd muss man hinzufügen, dass „Schickse“ neben dem Imperativ für das Verb „schicken“ auch einen Begriff für eine junge Frau bedeuten kann. Mag sich zunächst gut für die „Schickse“ anhören, da sie zumindest nicht weggeschickt werden soll. Aber was passiert, wenn sie einen jüdischen Mann offiziell ehelichen will? Da wird die Sache problematisch.

Überhaupt wird heute Abend viel über die Probleme gesprochen, welche die drei Religionsgemeinden ihren Schäfchen machen, die gerne eine Mischehe eingehen würden.

„Es ist aber auch eine verschobene Wahrnehmung der Realität, weil man immer bei Konflikten zu Rate gezogen wird“, meint Melanie Miehl vom Vorstand der christlich-islamischen Gesellschaft. Als Frau, die eine Berater- und Seelsorgerfunktion hat, erfährt sie häufig von den Stolpersteinen des Alltags, die Mischehen ins Schwanken bringen können. „Würden Eltern mit ihren Kindern so ein Szenario vorzeitig besprechen, wären die Konflikte später nicht so enorm“, meint Rabeya Müller. Auch vor dem Beginn einer solchen Beziehung müsse man die negativen Seiten betrachten und auch ein eventuelles Scheitern dieser Beziehung „einkalkulieren“. Mag sich vielleicht nüchtern und unromantisch anhören, sei aber essentiell für den Erfolg einer interreligiösen Zusammenkunft, so die Expertin.

Schon der Entschluss zu heiraten bringt viele Hürden mit sich. Henny Bassenge, die in der streng orthodox ausgerichteten Gemeinde tätig ist, macht auf die Regelungen in der jüdischen Ultra-Orthodoxie aufmerksam: Hier sind Mischehen erst gar nicht zulässig. Eine rabbinisch vollzogene Ehe ist nur bei Vorlage der, von der Halacha (jüdisches Gesetz)vorgeschriebenen, Eheschließungsvoraussetzungen gültig. Da ein Nicht-Jude unmöglich Mitglied der Gemeinde sein kann, ist die fehlende Zugehörigkeit zum jüdischen Volk ein echtes Ausschlusskriterium. Die Ehe hat im Judentum wie im Christentum einen heiligen Status. Erst mit der Ehe werde ein Mensch „vollständig“. Auch in der Islamischen Überlieferung lassen sich ähnliche Formulierungen finden. Demnach besteht für den Partner die einzige Möglichkeit, eine gültige Ehe einzugehen, im Übertritt zum Judentum. Die Konversion wird als Ehre angesehen und erfordert ein langwieriges Studium der theologischen und heiligen Schriften. Außer Konversion haben nicht-jüdische Partner hier sonst keine weitere Chance, ihrem Status Gültigkeit zu verschaffen. Etwas anders sieht es bei liberalen jüdischen Gemeinden aus, in denen das Zustandekommen von Mischehen keinen Tabubruch darstellt und ohne Weiteres vollzogen werden kann.

„Im Islam ist die Ehe eine zivilrechtliche Instanz“, sagt Rabeya Müller. „Somit ist sie durch Scheidung seitens beider Ehepartner auflösbar.“ Weit verbreitet ist der Glaube, ein muslimischer Mann dürfe eine Christin oder Jüdin heiraten. Eine Muslimin sei verpflichtet, einen Muslim zu heiraten. Tatsächlich gibt es im Bezug auf die Ehe regelnden Stellen im Koran unterschiedliche rechtlich-theologische Auslegungen. Letztendlich scheitert eine Verbindung zwischen einer Muslimin und einem Nicht-Muslim oft daran, dass die meisten Hodschas und Imame einer solchen Ehe nicht ihren Segen geben wollen. Am offensten erweist sich die Katholische Kirche. Wer einen nicht getauften Partner heiraten will, muss vor der katholischen Eheschließung seinen Partner über dessen Pflichten aufklären. Als da wären:

Die Unauflöslichkeit der Ehe

Die Einehe ( ein Mann und eine Frau)

Die Katholische Kindererziehung

An diesem Punkt angekommen, landen wir beim nächsten Feld voller Konfliktpotenzial:

Die Kinder und ihre Erziehung. Hier angelangt, wo man es tatsächlich geschafft hat, eine in beiden Gemeinden anerkannte Ehe zustande zu bringen, sehen sich viele Familien dem Problem der richtigen Kinderziehung ausgesetzt. Denn die Eltern stehen als Vertreter zweier unterschiedlicher Religionen für jeweils unterschiedliche Wertesysteme ein.

Der Talmud sagt: „Bringe deinem Kind das Schwimmen bei“, d.H. Vermittle ihm etwas, ermögliche ihm die Selbstständigkeit. Ein intensives Selbststudium des Glaubens ist zeitlebens wichtig für einen Juden. Doch auch als säkularer Mensch bleibt das Kind einer jüdischen Mutter für immer jüdisch. Der Islam wiederum sieht das Ziel der Kindererziehung im Ausbilden eines Islamischen Gottes- und Menschenverständnisses. Der Status „Muslim“ jedoch ist untrennbar von der Idee der Orthopraxie.

An dieser Stelle äußere ich zur allgemeinen Erheiterung einen spontanen Kommentar:

„Die denkbar schlechteste Kombination wäre dann ein jüdischer Vater und eine muslimische Mutter. Das arme Kind wäre praktisch ein Nichts.“ Also Obacht^^

Religion ist auch Weitergabe von Werten und Traditionen. Eine Kultur für sich mit all ihren Ritualen. Eine Wahrheit, die man seinem Kind mit auf den Weg geben will. Doch welches ist die richtige Wahrheit? Je säkularer die Partner, desto funktionsfähiger das Familienleben?

Fakt ist, dass eine konkrete „Hinerziehung“ zu einer Religion bei zwei Wortführern nicht möglich ist. Vielleicht muss man das Pferd von hinten aufzäumen und doppelt so gläubig sein. Neben dem eigenen Glauben sollte sich der Glaube des geliebten Partners einem selbst offenbaren und somit Teil der eigenen Wahrheit werden. So entstünde eine Empathiebasis, auf der man seinen Partner und dessen Glauben besser verstehen kann. Wenn man von seinem Kind erwartet, in zwei Welten zu leben, sollte man es vormachen und diesen Pioniersweg beschreiten.

Sümeyye &  Semjon

Am 8. Dezember 2008 hat das Zentrum für Antisemitismusforschung die Tagung „Feindbild Muslim – Feindbild Jude“ veranstaltet und Iman, Mitglied unserer JuMuDia-Gruppe, war dabei.

Wissenschaftliche Konferenz in Berlin- Ist ein Vergleich von Islamfeindlichkeit und Judenfeindlichkeit realistisch?

Die wissenschaftliche Konferenz zum Thema „Feindbild Jude – Feindbild Muslim“, die von dem Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung (ZfA) an der TU Berlin veranstaltet wurde, fand am Montag den 08.12.08 um 10 Uhr statt. Schon Tage vor Beginn der Veranstaltung konnte man heftige Kritik aus den Medien vernehmen. Die Tagung hat eine Kontroverse entfesselt. Viele halten es für absurd Islamfeindlichkeit mit dem Antisemitismus zu vergleichen, denn Kritiker sehen darin eine Verharmlosung des Holocausts. Nichtsdestotrotz lies sich Professor Dr. Benz, der Leiter des Berliner Zentrums für Antisemitismusforschung nicht irritieren. Im Gegenteil. Am Tag der Konferenz schien er sehr entschlossen und selbstbewusst…
Die Anwesenheit der Teilnehmer zeigt wie interessant und vor allem wichtig das Thema für viele ist. Es sind bis Freitag Abend 210 Anmeldungen beim ZfA eingegangen.
Leider haben nicht alle Gäste Sitzplätze, da man aus Sicherheitsgründen nur 140 Stühle in den Veranstaltungsraum (ehemalige Bibliothek) stellen darf. Doch der ein oder andere weiss sich zu helfen, Tische werden spontan zur Sitzmöglichkeit umfunktioniert. Obwohl ich ca. 5 vor 10 in den Veranstaltungsraum komme, kann ich ganz bequem noch einen Platz ergattern. Um kurz nach 10 Uhr beginnt Herr Professor Wolfgang Benz mit der Begrüßung und führt die Gäste in die Themen des Tages ein. Mit Sympathie bringt er den einen oder anderen zum Schmunzeln oder gar zum Lachen. Herr Benz macht den Eindruck, eine sehr gesellige und dynamische Person zu sein, die genau weiss, wie sie ihren Standpunkt präsentieren kann.
Professor Benz macht in seiner Einführung auf die Entfremdungsängste in Europa aufmerksam. Damit ist die Angst vor der „Islamisierung“ Europas gemeint. Der Moscheebau, das Kopftuch und Islamunterricht sind Punkte, die die Angst vor der so genannten „Islamisierung Europas“ verstärken. Der Islam wird als bösartig und inhuman gesehen. Von gutbürgerlichen Zeitungen werden die Islamängste stimuliert. Das Buch „SOS Abendland“ von Udo Ulfkotte zum Beispiel, stellt die angebliche Gefahr der Muslime in Deutschland dar. Die Medien haben einen enormen Einfluss auf die Bürger. So sehen die Menschen ein verzerrtes Bild vom Islam. Ein gutes Beispiel hierfür ist z.B. die Beziehung Irans zu Atomwaffen. Ein bekanntes Bild dazu: Moschee im Hintergrund und Waffen auf demselben Bild. Damit wird die Verbindung von Islam und Hass/Krieg dargestellt.
Es ist wichtig zu erwähnen, dass es sehr wohl Potential zur Rekrutierung für den Djihad unter Muslimen in Europa gibt. Ebenso sind auch Organisationen, die totalitäre Tendenzen des Islamismus aufweisen, wie die Salafiyya-Bewegung, in Europa tätig. Das heißt jedoch nicht, dass es insgeheim eine homogene, breite Front von Muslimen gibt, die nur darauf wartet, die Macht im Lande zu übernehmen. Herr Professor Benz sagt, dass Djihadismus auf irrationalen Gründen beruht. Solange man Hass gegen den Judenstaat in der islamischen Welt (und weltweit) hege, werde die Furcht vor dem Islam nicht verschwinden.

In den Vorträgen wird des öfteren auch der Konstrukt der jüdischen Finanzmacht angesprochen, sowie die Unterstellungen, es gäbe ein koordiniertes jüdisches Streben nach Weltherrschaft. In diesem geschlossenen Weltbild – charakteristisch für den Antisemitismus – werden Juden als geldgierig und hinterhältig betrachtet. Selbst die „Protokolle der Weisen“ werden noch heute für den Hass gegen das Judentum benutzt. Dass das Werk eine Fälschung ist, tat und tut seinem Erfolg seit über einem Jahrhundert keinen Abbruch. Sie werden einfach weiter verbreitet.
Seit zwei Jahren arbeitet der Zentralrat der Juden gemeinsam mit Partnern muslimischer Organisationen zusammen, um Antisemitismus und Islamfeindlichkeit zu bekämpfen. Der Begriff Islamophobia wird von den Referenten ungern verwendet, da sie den Begriff als abwertend empfinden. Sergey Lagodinsky, zweiter Vorsitzender des Arbeitskreises Jüdische Sozialdemokraten, begrüßt es, dass die Veranstalter sich gegen diesen Begriff entschieden haben.
Im Raum wird kurz angemerkt, dass die Muslime uns erst akzeptieren werden, wenn wir sie akzeptieren. Ich nehme an, dass jeder dazu seine eigene Meinung hat.

Um etwa elf Uhr trägt Frau Dr. Juliane Königseder ihr Referat „Feindbild Islam“ vor. Sie betont die Dominanz von Verschwörungsphantasien. Die Muslime planen eine Herrschaft Europas und dergleichen. Es ist die Rede von einem Fantasiegebilde namens Eurabia. Eine Problematik des Islams stellen immer wieder der Moscheebau, das Tragen von Kopftüchern oder die Schwierigkeiten der jungen Migranten, die sich teilweise nicht anpassen, dar. Wie sollen sich Menschen integrieren, wenn sie in ihrer Freiheit eingeschränkt werden? Es fehlt an Verständnis… an gegenseitigem Verständnis. Seit dem Mord am Niederländer Theo van Gogh im November 2004, entwickelt sich ein neues Islambild (Islamhass), dass nicht nur in der rechten Szene, sondern auch in der mittleren bis oberen Bürgerschicht seinen Platz einnimmt. Auch Alice Schwarzer wird zitiert. “Das Kopftuch ist die Flagge des Islamismus. Das Kopftuch ist das Zeichen, das die Frauen zu den anderen, zu Menschen zweiter Klasse macht. Als Symbol ist es eine Art „Branding“, vergleichbar mit dem Judenstern.“ Dieser Vergleich ist sehr suspekt.
Alice Schwarzer, die selbsternannte Islamkritikerin, wird an anderer Stelle zitiert: “Das Geld kommt aus Saudi-Arabien, die Ideologie aus Iran. In Afghanistan ging das Anfang der neunziger Jahre los. In Algerien hat es in den neunziger Jahren über hunderttausend Tote gegeben, einen blutigen Bürgerkrieg, der von Islamisten angezettelt wurde und der Westen hat weggeguckt. Amerika hat in den achtziger und neunziger Jahren gezielt islamistische Kräfte gefördert, um den so genannten grünen Gürtel um die Sowjetunion zu legen. Der Kampf der Taliban gegen die Sowjetunion – den haben die Amerikaner unterstützt. Der Geist ist nun aus der Flasche.“
Wer sich nicht ausdrücklich vom Islamismus distanziert, wird zwangsläufig mit dem Islamismus in Verbindung gebracht. Wie es der Fall bei der Lehrerin Fereshta Ludin war, die das Kopftuch in ihrem Unterricht nicht ablegen wollte. Das Kopftuch wird oft als politisches Symbol betrachtet. 

Die jetzige „Islam-Situation“ wird mit der jüdischen Emanzipation verglichen. Muslime kommen aus den Hinterhöfen raus und treten in den Vordergrund, aber dies wird als Bedrohung wahrgenommen. So protestieren die Bürger gegen die geplanten Moscheebauten. Die Situation in Europa zur Zeit der jüdischen Emanzipation wurde dadurch gekennzeichnet, dass Juden das Recht gestattet wurde, aus einer separaten gesellschaftlichen Randexistenz hinein in die Mitte der Gesellschaft hinauszutreten. Mit der Gleichberechtigung konnten Juden erst ein Gewerbe frei wählen, Grundbesitz erwerben und sich im Staatsgebiet frei bewegen. Sie wurden gleichzeitig langsam in die Lage versetzt, ihre Religion frei ausüben zu können und neue Synagogen zu bauen – was auf manches Unbehagen gestoßen ist und unter diesem Aspekt auf die heutige Situation mit den Moscheebauten erinnert. Als Dr. Angelika Königseder ihren beeindruckenden und enorm informativen Vortrag beendet hat, kommentiert Dr. Sabine Schiffer das Referat. Sie sagt, dass das jetzige Feindbild der Islam ist, in 10 Jahren ist es Russland und dann vielleicht Asien.
Ein Gast aus dem Publikum stellt eine Frage, die sich viele stellen: „Warum spricht man von Muslimen, aber nicht von Christen?“
Damit ist gemeint, dass man nicht von der Herkunft einer Person spricht, sondern gleich die Religion in den Vordergrund stellt. Da viele Migranten aus dem muslimischen Raum stammen, werden sie gleich als Muslime abgestempelt. Doch nicht jeder Migrant aus einem islamischen Land definiert sich zwangsläufig als Muslim. Bei Christen wird meist die Religion nicht erwähnt, da es vermutlich uninteressant ist bzw. keine Wichtigkeit hat. Die Muslime werden häufiger stigmatisiert.
Nachdem einige Fragen oder Kommentare aus dem Publikum geklärt werden, kann Frau Dr. Juliane Wetzel mit ihrem Vortrag „Judenfeindschaft unter Muslimen in Europa“ beginnen. Der Begriff „Semiten“ wird oft falsch definiert. Semitismus ist keine Kultur. Als Semiten werden Menschen bezeichnet, die eine semitische Sprache als Muttersprache sprechen. Dazu zählen Araber, Hebräer, Aramäer, Assyrer und viele andere. Gleichwohl sollte man Mutmaßungen über die Definition des Antisemitismus, die sich an der Semantik des Begriffs (der von einem selbsterklärten Judenfeind Wilhelm Marr erfunden wurde) emporragen, unterlassen, um nicht der Tatsache zu entkommen, dass es Judenfeindschaft gibt und dass dieses kollektive Gefühl benannt und untersucht wird. Antisemitische Vorfälle sind seit Februar 2002 enorm gestiegen, insgesamt kam es seit dem allein zu fast 270 Schändungen jüdischer Friedhofe in Deutschland. Man kann es als antisemitische Welle bezeichnen.
Grund für den Hass gegen die Juden unter den muslimischen Migranten sind verschiedene Indikatoren. Wie zum Beispiel Armutskultur, soziales Versagen und Perspektivlosigkeit. Sie möchten sich eine eigene Identität verschaffen und ihren ganzen Hass projizieren sie auf die Juden. Die Referentin betont, dass viele Menschen die Juden für den Tod Jesu verantwortlich machen. Dieser Gedanke ist nicht gänzlich verschwunden. Antisemitischen Ressentiments dürfen eigene Erfahrungen mit der Diskriminierung nicht gerechtfertigt werden. Wichtig ist hier zu sagen, dass es keine monokausale Verbindung zwischen Antisemitismus und Herkunft gibt. Die Jugendkultur von heute definiert sich in der Musik. Manche von ihnen verherrlichen den Djihad. Antisemitische Stereotypen verbreiten sich in der Musikszene, meist durch Sprechgesang (Rap). Frau Dr. Wetzel nennt ein Beispiel aus der heutigen Musikszene. Der Albanische Rapper mit dem Pseudonym Bözemann, beschimpft den Rapper Massiv als Juden. Man versteht nicht den Zusammenhang, da Massiv Palästinenser ist, sagt Wetzel.
Erst seit den letzten Jahren werden diese Phänomene beobachtet. Jugendliche Antisemiten in Deutschland stammen meist aus dem arabischen oder türkischen Raum und fühlen sich vor allem mit den Palästinensern brüderlich verbunden. Sie begründen ihren Antisemitismus durch den vorherrschenden Nahostkonflikt. Es fällt stark auf, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund oft antisemitische Züge haben oder Hass gegen Juden empfinden, aber momentan stehen empirische Studien aus. Diese Thematik hat sich in der aktuellen Ausgabe ihres Newsletters auch der Verein ufuq.de, der sich mit Jugendkultur, Medien und politischer Bildung in der Einwanderungsgesellschaft beschäftigt, gewidmet. Jugendliche verwenden auf den Schulhöfen verbale Äußerungen wie: „Du Jude!“ und der Satz wird nicht nur von Migranten verwendet.“Jude“ wird zum Mode-Schimpfwort, ähnlich wie „Opfer“, was für böse gemeintes Verdikt steht.
Zwischendurch dürfen die Gäste bzw. das Publikum Fragen stellen oder selbst Kommentare abgeben. Eine der Gäste sagte, dass Antisemitismus typisch europäisch sei und das Antizionismus im Nahen Osten vorhanden sei.

Im Großen und Ganzen war die Veranstaltung sehr gelungen. Man konnte neue Eindrücke mit nach Hause nehmen und sich über das Gehörte Gedanken machen.
Man kann die Veranstalter loben, dass sie den Mut aufgebracht haben, um die Problematik bzw. die Beziehung von Antisemitismus und Islamfeindlichkeit zu klären.

Von Iman

Es ist Donnerstag, der 21. August 2008. Der Tag ist sonnig und herrlich leicht. Ein guter Start für unser JuMuDia-Treffen. Ein weiteres Mal haben sich jugendliche Muslime und Juden aus ganz Deutschland getroffen, in der Hoffnung den gemeinsamen Dialog voranzutreiben. Nach langer Überlegung hat man sich auf die Stadt Gelsenkirchen als Treffpunkt geeinigt. In der Stadt im Ruhrgebiet war es nicht schwer Ansprechpartner beider Religionsgemeinschaften zu finden. Eine jüdische Gemeinde, mit einer weit zurück liegenden Geschichte, die wieder aufblüht und etwa 430 Gemeindemitglieder zählt. Sowie zahlreiche Moscheen, von der wir eine besucht haben, die unter dem Dachverband der DITIB steht (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion).

Das dreitägige Treffen beginnt an der jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen. Die Synagoge, die nur ein Jahr zuvor eingeweiht wurde, liegt mitten im Stadtzentrum. Die Außenmauer ziert ein Zitat aus dem Tanakh, der hebräischen Bibel: „Mein Haus ist ein Haus der Gebete aller Völker (Jesaja 56.7)“

Die Führung durch die Räumlichkeiten übernimmt die Vorsitzende der Gemeinde, Frau Judith Neuwald-Tasbach. Sie erzählt von dem jüdischen Leben in Gelsenkirchen vor der Schoah und wie es sich nach der Katastrophe entwickelte. Während die Gemeinde noch vor 15 Jahren auszusterben oder zu überalten drohte, ist sie in den vergangenen Jahren stark gewachsen, vor allem durch den Zuzug osteuropäischer Juden.

Heute steht die traditionell-orthodoxe Gemeinde in neuer Frische da. Die Architektur ist sehr modern, doch im Gebetsraum sitzen Frauen und Männer getrennt. Neben dem Toraschrank hängen zwei große David-Sterne aus hellem Holz an den Wänden. Wir erfahren viel über die Bemühungen der Gemeinde, ihren Mitgliedern mehr als nur eine Gebetsstätte zu sein. Es gibt drei Religionsklassen, eine Theaterschar, Kinderchor und je ein Frauen- und Männerverein. Vom Gebetsraum führt eine Treppe zum offenen Vorhof der Synagoge. Sie ist hell und einladend.

Gerade als man den neuesten Klatsch und Tratsch der jüdischen Gesellschaft in Deutschland austauschen will, bemerken wir, dass im Nebensaal eine Gruppe von Kindern Tanzunterricht hat. Die Kinder zwischen 7 und 10 Jahren sind leicht verwirrt über unser Interesse an ihrem Tanz, aber machen vergnügt weiter.

Mit diesem Eindruck verabschieden wir uns von der jüdischen Gemeinde und gehen einen guten türkischen Tee trinken. Nicht alle Teilnehmer kennen sich von früher. Man lernt sich kennen und es folgen interessante Gespräche. Ati, der später hinzukommt, erweiterte das Gespräch um ein tiefgründiges Thema. Es wird über den Sufismus geredet, eine mystische Ausrichtung des Islam; ähnlich der jüdischen Kabbala.

Unser Freitag ist vollgepackt mit Stationen, an Hand welcher wir den Dialog zwischen den verschiedenen Teilnehmer anregen wollen. Neben Rebekka aus Marl, Ilja aus Aachen, David aus Prag, Sebastian aus Bochum, Semjon aus Berlin, Ati und meiner Wenigkeit aus Duisburg, stoßen an diesem Tag Boubker aus Düsseldorf und Oleg aus Wuppertal auf unsere Gruppe.

Im Seminarraum des Migrantenzentrums der Gelsenkirchener AWO, erhalten wir von Herr Kubaç einen interessanten Vortrag über das Funktionieren des Zentrums und die Entwicklung der Migration nach Deutschland seit den 60er Jahren. Denn mit den Migranten kamen auch mehr oder weniger unbekannte Religionen nach Deutschland. Unter anderem der Islam.

Nach einem Mittagessen im Migrantenzentrum, hält Ilja während eines Spaziergangs einen Vortrag über die Geburt von Ishmael und Isaac aus jüdischer theologischer Sicht. Er hält also ein Schi’ur. Hier sind wir wieder an einem Punkt angelangt, wo es mehr bedarf als ein oberflächliches Interesse am Sein des anderen. Eine gemeinsame Geschichte, ja man könnte schon sagen, es gibt einen gemeinsamen Ursprung aus biblischer und koranischer Sicht. Die Geschichte von Abraham/Ibrahim und seinen beiden Söhnen nimmt eine, für den Dialog beider Religionen unentbehrliche, Schlüsselfunktion ein. Gerne hätten wir noch ausführlicher über dieses Thema gesprochen. Ein Ziel für das nächste Treffen.

Am Nachmittag trifft noch Ati zur Gruppe und Herr Kubaç begleitet uns zur örtlichen DITIB-Moschee, wo wir uns mit dem Vorbeter der Gemeinde, Herr Aydın, verabredet haben. Trotz den geringen Deutschkenntnissen Herr Aydıns, ist eine Verständigung zwischen ihm und den Teilnehmern möglich. An dieser Stelle möchten wir einen Dank an Herrn Kubaç entsenden, für seine spontane Simultanübersetzung.

Jeder der Teilnehmer stellt sich kurz vor und auch seine Wünsche und Ziele im Bezug auf diesen Dialog. Es ist erfreulich zu sehen, mit welchem Interesse Herr Aydın unsere Gruppe beobachtet. Seine offenen und hoffnungsvollen Worte nehmen uns in diesem Moment die Anspannung. Es folgt eine Frage und Antwort Runde bei türkischem Tee und Lokum. Als wir vertieft im Gespräch sitzen tritt ein gutgekleideter und –aussehender Herr mittleren Alters in den Raum. Der Hoca begrüßt ihn herzlich und erklärte dem verdutzt dreinblickenden Herrn diese ungewöhnliche Teerunde.

Er setzt sich zu uns und wir erfahren, dass es sich um den Präsidenten der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) handelt:

Herr Sadi Aslan – der die einzelnen Moscheen deutschlandweit besucht und gerade an diesem Tag auch in der Mimar Sinan Moschee in Gelsenkirchen Halt gemacht hat. Der von der Türkei entsandte Botschaftsrat und vierfache Familienvater spricht mehrere Sprachen, u. a. Arabisch, Englisch und Italienisch. Als Herr Aydın ihm näher führt, das Rebekka sephardische Jüdin ist, deren Wurzeln im alten Spanien liegen, nimmt er an, ihre Muttersprache sei Spanisch. Spontan fängt er an mit ihr Italienisch zu reden. Immerhin ähneln sich die südeuropäischen Sprachen. Der Versuch scheitert. Aber man einigt sich auf eine Sprache, die alle verstehen: Deutsch. Die geistreiche Aussage Rebekkas, viele Menschen würden sich trotz einer gemeinsamen Sprache nicht verstehen, erheiterte Herrn Aslan sichtlich.

Nachdem wir uns von den beiden Herren verabschieden, dürfen wir den Gebetsraum besichtigen. Obligatorisch für den Gebetsraum in einer Moschee, ist die nach Mekka ausgerichtete Gebetsnische. Der Raum ist mit bunt gemustertem Teppich ausgelegt und an den Wänden hängen verzierte Schriften der Namen Allahs und des Propheten Muhammed. Der Raum scheint eine Ruhe auszustrahlen und alle lassen diese Ruhe für eine Weile auf sich wirken.

Samstagvormittag in Gelsenkirchen, der Himmel ist grau. Der letzte Tag unseres Treffens ist da. Wir treffen uns mit zwei Vertretern eines Arbeitskreises bei der Partei „Die Grünen“. Merfin Demir und Hasret Karaçuban. Sie erzählen uns u. A. von sozialen Einrichtungen für muslimische Frauen und über Bemühungen die vielen haltlosen Moscheegemeinden in Deutschland unter einem Dach zusammenzubringen. Hasret erwähnt eine weitere Problematik im Bezug auf die Muslime in Deutschland: „Der Arbeitskreis Grüne MuslimInnen sieht die Notwendigkeit politische Themen, die Musliminnen und Muslime in Deutschland betreffen, in einem eigens hierfür geschaffenen Gremium bei Bündnis 90 /Die Grünen NRW zu diskutieren und Lösungsmöglichkeiten anzubieten. Bisher wurden diese Themen unter migrationspolitischen Gesichtspunkten betrachtet, was angesichts der Tatsache, dass es sich hier um ein religionspolitisches Thema handelt und Musliminnen und Muslime in Deutschland sich als deutsche Muslime verstehen, wenig sinnvoll ist.“ Auch die Grünen Muslime leisten ihren Beitrag zum Dialog und unterhalten regen Kontakt zum Arbeitskreis Jüdische Sozialdemokraten.

Nach einem gemeinsamen Mittagessen, was uns vom Migrantenzentrum kostenlos zur Verfügung gestellt wird, macht sich unsere Gruppe zusammen mit Merfin und Hasret auf den Weg zum Gelsenkirchener Bildungszentrum, wo uns die Vorsitzende des jüdischen Vereins KINOR Frau Elena Gubenko erwartet. Die erste Trägerin des Preises „Migradonna – der Preis der starken Frauen“ erzählt uns leidenschaftlich über die Schwierigkeiten, die sie bei ihrer ehrenamtlichen Migrations- und Integrationsarbeit begegnet, und informiert auch über die Aktivitäten des im bundesweiten Wettbewerb „Aktiv für Demokratie und Toleranz“ in 2006 ausgezeichneten Vereins. Von besonderem Interesse war für uns vom interreligiösen Sarah-Hagar-Tag zu erfahren, der in 2007 in Bochum für engagierte jüdische, muslimische und christliche Frauen organisiert war. Diese Aktion wurde unter anderen Aktivitäten von der Initiative „Sarah-Hagar im Ruhrgebiet“ veranstaltet. Frau Elena Gubenko ist eine der Gründerinnen dieses Projektes und gehört zur Initiativgruppe, wo sie und der jüdische Verein KINOR jüdische Frauen vertreten.

War unser Treffen also ein Erfolg?

Die Frage lasse ich für dieses Mal Semjon aus Berlin beantworten:

„Ich empfand das Treffen als sehr angenehm, weil es für mich eine seltene Gelegenheit darstellte, Juden wie Muslime privat zu erleben, mit ihnen zu diskutieren und sie von ihrer menschlichen Seite kennenzulernen. Obwohl teilweise Grenzen des Dialogs zum Vorschein kamen, habe ich meine Teilnahme zu keinem Zeitpunkt bereut. Die Veranstaltung bedeutete für mich einen Schritt auf dem langen Weg zu einer offeneren und toleranteren Person zu werden.“

Von Sümeyye


Ein großer Dank gilt den Sponsoren des Treffens, Herrn Yechiel Bar-Chaim vom Jewish Distribution Comittee und Rabbiner Baruch Rabinowitz aus Berlin für ihre finanzielle Unterstützung, mit der wir die Kosten für die Unterkunft der Teilnehmer vollständig rückerstatten konnten. Wir bedanken uns sehr herzlich bei Herrn Ayas, dem Integrationsbeauftragten der Stadt Gelsenkirchen und Herrn Kubaç vom Migrantenzentrum, für ihren Einsatz beim Bereitstellen von Seminarräumen und Speisen, sowie beim Kontaktknüpfen mit der DITIB-Gemeinde. Vergessen wollen wir auch nicht die anfängliche Hilfe von Frau Gubenko, die uns den Kontakt zu den Ansprechpartner in Gelsenkirchen vermittelt hat.

„Auch mit Steinen,die Dir in den Weg gelegt werden, kannst Du etwas Schönes bauen“ (Erich Kästner).

Mit dieser Erwartung im Hinterkopf,hatte ich mich auf die „lange Reise“ von Bochum nach Mülheim aufgemacht,um beim Treffen des jüdisch-muslimischen-Dialogs (kurz: „JuMudia“) dabei zu sein.

Für das Treffen,im Vorfeld hauptsächlich organisiert von David und Ati. ,sollten verschiedene Stationen jüdisch- und muslimischen Lebens im Ruhrgebiet,auf den Plan stehen. Oberste Priorität allerdings besaß das persönliche Kennenlernen der Gruppenmitglieder, die ihr Kommen zugesagt hatten.

Ati aus Duisburg, Sebastian aus Bochum und David der extra aus Prag angereist war, hatten sich für das Wochenende in einer Jugendherberge (mit direkten Blick auf die Ruhr!) in Mülheim eingefunden. Die Station des ersten Tages sollte der Besuch einer Ausstellung in Verbindung mit einer Besichtigung vom „Zug der Erinnerungen“ sein, der zu dem Zeitpunkt gerade in Essen Halt gemacht hatte.

Nachdem die drei Jungs vollzählig waren (einer von ihnen hatte Verspätung bei der Anreise von Bochum nach Mülheim^^), und am Essener Hbf die beiden Mädels Sümeyye und Rebekka noch hinzugestoßen waren,ging eine beschwerliche Suche nach dem Gleis los,weil die Ausstellung schon geschlossen hatte,und somit nur noch die Besichtigung des Zugs für diesen Abend übrig blieb.
Zu guter Letzt, und nach einer Suche die ansonsten nur noch von einer Pilgerfahrt hätte gekrönt werden können^^, hatte die Gruppe in einem entlegenen Bereich des Hauptbahnhofs das „magische“ Gleis mit dem Zug gefunden.

Wie es das Schicksal so wollte hatte die Suche zu lange gedauert (es war mittlerweile schon nach 19 Uhr),sodass die Ausstellung im Zug schon geschlossen war.

Von diesem ersten Niederschlag unbeeindruckt verschoben wir dieses erste Ziel auf den nächsten Tag.Wir verbrachten den restlichen Abend in einem Cafe in der Essener Innenstadt,um uns besser kennenzulernen.

Die erste Station des zweiten Tages war die im Bau befindliche Ditib Moschee in Duisburg Marxloh (siehe auch Fotos aus dem Album). Die Gruppe wurde sehr herzlich von Ali einem Islam-Lehrer und Mitglied des Gemeinderats empfangen. Nach einem herzhaften Çay Umtrunk (siehe Fotos im Album) und einer Video Vorführung die die Hintergründe des Moscheebaus anschaulich dargestellt hatte konnte die Begehung der bald größten Moschee Deutschlands in Angriff genommen werden. Exklusiv hatte unsere Gruppe, nicht zuletzt dank unserem Ansprechpartner Ali der Ati unnachamlich liebevoll „Adlan“ (Atis richtigen Namen) genannt hatte, auch die Möglichkeit in die Moschee hineinzugehen. Dort konnten wir die im Bau befindlichen sowie einmaligen Kalligraphischen Kunstwerke bestaunen die diese Moschee einst zieren werden (siehe Fotos).

Es wurden aber auch kritische Themen angeschnitten, wie z.B. der Widerstand gegenüber des Moscheebaus und mit welchen juristischen Problemen die islamischen Gemeinden in Deutschland zu kämpfen haben.Sümeyye war sehr überrascht, als sie erfuhr, dass der Islam rechtlich gesehen nicht als Religionsgemeinschaft akzeptiert wird. Da die Islamische Religionsgemeinschaft, im Unterschied z.b. zu Österreich, in Deutschland immer noch nicht als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt ist, und somit eben auch nicht politisch, wird es wohl auch in Zukunft bei weiteren Moschee Neubauten Probleme geben.
Wunderbar ist es daher das der Bau der größten Moschee Deutschlands in Duisburg voranschreitet und damit -Inschallah- auch ein Zeichen gesetzt wird.

Da wir am Nachmittag den Termin in der Alten Synagoge Essen hatten,blieb uns bis dahin noch ein bisschen Zeit um im Stadtteil Duisburg Marxloh in Ruhe etwas zu essen.Nebenbei konnten wir die einzigartige Atmosphäre von Marxloh auf uns wirken lassen (Bei Döner und Co. Versteht sich;).

Am Nachmittag stand dann der Termin in der Essener Innenstadt auf dem Plan. Die Alte Synagoge einst für eine Gemeinde mit knapp 4500 Mitgliedern gebaut (Derzeit hat die jüdische Gemeinde in Essen 905 Mitglieder, davon 95% aus der ehemaligen UDSSR),und einem Hauptraum der 1500 Personen Platz geboten hat ,ist als Jüdisches Gotteshaus heute nicht mehr aktiv.Die einst größte Synagoge Deutschlands ist seit 1980 eine Gedenkstätte die regelmäßig Ausstellungen sowie Führungen anbietet. Für unsere Gruppe bot sich daher eine Sonderführung an (siehe Fotos).

Die Besichtigung der Synagoge u.a. mit ihrer eindrucksvollen Kuppel, ihrem großen Innenraum, lässt den Glanz eines einst prachtvollen Gebäudes nur erahnen.
Nachdem wir einen kurzen aber umfangreichen sowie interessanten Abriss über die Geschichte der Einrichtung erhalten hatten und die schönsten Fotos des Treffen geschossen wurden ging es weiter im Programm.

Unsere Gruppe hatte unterdessen Aufmerksamkeit bei anderen Besuchern der Synagoge erregt.Unser Museums-Führer war sichtlich von der Idee des Dialogs und der Zusammenkunft der Religionsgruppen begeistert und erwähnte dies leicht euphorisch an einigen Stellen. Unsere Beobachter nutzen die Situation aus und löcherten uns bald darauf mit Fragen. Fragen, deren Oberflächlichkeit nicht überraschte. Fragen „warum alle Terroristen Muslime seien und warum im Islam nur Hass gepredigt werde“ etc. Dabei wurde deutlich, dass diese Menschen sich mit dem Islam als solchen nicht beschäftigt hatten. Ihre Fragen und Kommentare waren der Widerhall der wachsenden Angst gegenüber etwas Unbekanntem in ihren Augen. Dabei ist interessant zu erwähnen, dass einer der Besucher, schon älter ca. 60 Jahre alt, noch nie in der alten Synagoge war. Obwohl ein gebürtige Essener und Zeitzeuge der deutschen Geschichte, hatte er sich scheinbar noch nie,oder allenfalls oberflächlich mit der jüdischen Kultur in Deutschland Beschäftigt.

Der Wunsch in der Gruppe,mehr über den jeweils anderen zu erfahren war sehr groß, sodass wir schon beim ersten Treffen auf ein höheres Niveau des Dialogs gekommen waren. Die Kommentare der Besucher haben uns exemplarisch gezeigt das gerade auch Außenstehende Nichtmuslime und Nichtjuden Schwierigkeiten mit diesem Dialog haben.Der Erfolg unserer Gruppe stellt vielmehr eine Herausforderung dar,die Schwierigkeiten von Außenstehenden durch Vermittlung unseres eigenen Anspruchs abzubauen.

Der nächste Punkt war der „Zug der Erinnerung“ den wir am Vortag nicht besuchen konnten.Bevor wir allerdings in den Zug steigen konnten musste uns Ati leider aufgrund einer ausgebrochenen Krankheit kurzzeitig verlassen.Mit einem Mitstreiter weniger begab sich die Gruppe in den Zug der Erinnerung.

Der „Zug der Erinnerung“ besteht aus mehreren Waggons, in denen die Geschichte der Deportationen europäischer Juden in beispielhaften Biografien nacherzählt wird. Schwerpunkt der Ausstellung ist das Deportationsgeschehen in Deutschland: die Zustellung der Deportationsbescheide, das Herrichten und Verlassen der Wohnungen, der Weg zu den Sammellagern und von dort am helllichten Tag durch die Dörfer und Städte zu den wartenden Zügen.
In einem eigenen Ausstellungsbereich werden mehrere Täter der unterschiedlichen Funktionsebenen vorgestellt: Vom Reichsverkehrsministerium über die SS bis hin zu den Logistikplanern der Reichsbahn, die für den Transport der todgeweihten Kinder und Jugendlichen in die Vernichtungslager sorgten. Mehrere dieser Spezialisten setzten ihre Bahnkarrieren in der Nachkriegszeit fort.
Am Ende des zweiten Waggons hängen die noch leeren, durch die Recherche von Schulen und anderen Organisationen zu füllenden Tafeln mit den Fotos und Biographien einzelner Kinder aus den Gemeinden und Städten entlang der Fahrstrecke.
Der „Zug der Erinnerung“ hält auch eine Rechercheneinheit bereit: Computer und Handbibliothek bieten die Möglichkeit zur Spurensuche.
Der Zug war trotz dessen das er aufgrund des „magischen Gleises“ schwer zu finden war gut Besucht. Die Wirkung des Zugs hatte bei allen Beteiligten einen schweren Eindruck hinterlassen und kann im Nachhinein tatsächlich als „Zug der Erinnerung“ bezeichnet werden.
Den Besuch der Abschlussveranstaltung vom „Zug der Erinnerung“, die noch am selben Tag stattgefunden hatte mussten wir leider aufgrund der zunehmenden Krankheit von Ati ausfallen lassen. Ati der sich sehr für dieses Treffen engagiert hatte musste dann noch am selben Abend für die Nacht kurzzeitig die Heimreise antreten.
Als Sümeyye und Rebekka hinzukamen, nutzten wir gemeinsam nocheinmal die letzten Stunden unseres Treffens, um intensiv über die Zukunft zu sprechen. Die Reflektion kam dabei natürlich nicht zu kurz wie u.a. die Fotos vom gemeinsamen Döner Essen beweisen.
Trotz dessen, dass das Treffen so kurze Zeit gedauert hatte, muss ich sagen das durch die Anwesenheit so vieler sehr interessanter Charaktere und Persönlichkeiten, die Chance ergriffen wurde, den so wichtigen Jüdisch-Muslimischen Dialog endlich praktisch zu forcieren. Das dies gerade in Anbetracht so vieler Konflikte (nicht nur Nahost sondern auch Amr Khaled wie wir bei bestimmten Auszügen seiner Reden auf DVD gesehen hatten) so wichtig und richtig ist, hat dieses Treffen eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Im Sinne des Eingangszitats denke ich daher das wir durch dieses Treffen den ersten Stein, der vielen als Hindernis im Kopf liegt, genutzt haben, um einen gemeinsamen Weg zu bauen der uns, so der Herr will, zu einem gemeinsamen Haus des Friedens führen wird.

Von Sebastian


Nun haben wir uns schon zum dritten Mal getroffen (Bochum-Frankfurt-Köln), und haben seit dem Treffen in Frankfurt auch eine Vision für einen jüdisch-muslimischen Dialog ausserhalb des StudiVZ ins Leben gerufen.

Als erstes haben wir vor, einen Blog zu gründen. Auf diesem würden wir:

1 ) eine Einleitung/Charta veröffentlichen.

2 ) kurze Artikel deutscher Muslime und Juden zu dem Thema „Alltag im Leben eines Juden/Muslimen in Deutschland“ ausstellen.

3 ) Nachrichten aus der Welt ausstellen. Wobei ein Vorschlag war ( ja es war meiner), ganz heuchlerisch nur die positiven auszuwählen.

4 ) lokale Treffen koordinieren.

5 ) Links von allen Dialog-Seiten und Projekten sammeln.

6 ) vielleicht auch eine Witze-Sammlung veröffentlichen.

7 ) Artikel, die sich mit Themen auseinandersetzen, die unsere Verfasser gerne unter einander diskutieren oder auch Sachen, die sie in der eigenen Gemeinschaft ändern würden, ausstellen.

8 ) Informationen von den gut religiös gebildeten unter uns, über die Religionsgrundlagen der jeweiligen Religion und auch die Ansichten von uns auf verschiedene Aspekte der Religion posten.

9 ) Beiträgel zum Thema „Eigene Identität“ posten.

10) Etwas auf der Basis eines Penn-Clubs erstellen, wo je ein Paar, nachdem sich uns jeder Einzelne kurz vorgestellt und seine Motivation präsentiert hat, korrespondieren würde (sei es per E-mails oder per Post).

…und natürlich vieles mehr. Kritik, weitere Vorschläge, die vielleicht in eine völlig andere Richtung gehen, aber zu unserem gemeinsamen Ziel (einem positiven Austausch zwischen Muslimen und Juden) beitragen, sind willkommen und erwünscht.

Dieser Blog sollte eine Generalprobe sein. Und wenn es funktionieren wird, haben wir uns geeinigt, dass wir einen Verein/NGO mit dem Name „JU-MU-DIA“ gründen werden. Diesen trägt nun auch unser Blog.

Macht mit!

Von David

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Nun ja wie lief unser letztes Treffen in Frankfurt ab? Wir (David, Darya, Khaled, Eugen, Mounir, Lawin, Mohammed und meine Wenigkeit) trafen uns gegen abends am Marianplatz und gingen in eine sehr gemütliche Tapas-bar. Kurze Zeit später holte Khaled auch Maria von Bahnhof ab und wir konnten anfangen.

Als Erstes stellten sich alle vor und erläuterten ihre Beweggründe für die Mitarbeit in unserer Gruppe. Für die meisten war es das Kennenlernen einer fremden Kultur und ihrer Sitten. Für andere (wie zum Beispiel für mich) ging es eher darum, ein Zeichen zu setzen. Sehr gefreut hat uns die Tatsache, dass Vertreter beider Seiten anwesend waren und ganz besonders die Teilnahme von Mohammed aus Gaza. Nachdem wir uns
erstmal kennen gelernt hatten, ging es darum, welche konkreten Maßnahmen ergriffen werden können, um in der breiten Öffentlichkeit Aufmerksamkeit zu erregen und wie man vielleicht auch jüdische und muslimische Gemeinden einbeziehen könnte.

Nach einiger Zeit hatten wir uns etwas in allgemeinpolitischen (und gesellschaftlichen) Debatten wie zum Beispiel den Somaliakrieg verloren, aber brachte David uns zurück zu unserem eigentlichen Thema, nämlich der Annäherung zwischen Juden und Muslimen und wir diskutierten, wie man diese auf einer Plattform außerhalb des StudiVZ realisieren könnte. Schließlich brachte ich den Aufbau eines Internetblogs namens „JuMuDia“ ins Gespräch, mit dem man junge Menschen generell (und eben nicht nur Studenten)
erreichen könnte. Wir einigten uns ausserdem darauf, unseren Dialog vorerst auf Jugendliche zu konzentrieren, weil diese erstens besser über das Internet zu erreichen sind und sich zweitens für einen interreligiösen Dialog eher begeistern als Ältere, die vielleicht zu viele schlechte Erfahrungen gemacht
haben, um sich mit der „Gegenseite“ anzufreunden.

Auf dieser Internetplattform, so schlug David vor, könnte man ja alle guten Nachrichten bezüglich des
jüdisch-muslimischen Dialogs zugänglich machen und sozusagen Zensur im positiven Sinne üben, indem wir alle schlechten Nachrichten herausfiltern. Zu später Stunde waren wir dann auch alle erschöpft und nachdem Lawin und Darya schon früher die Heimreise angetreten hatten, gingen auch wir Anderen mit einem
guten Gefühl Richtung Hauptbahnhof. Mein ganz besonderer Dank gilt Mohammed, der für diesen Dialog wahrscheinlich die authentischsten Erfahrungen einbringen kann, Eugen, der für dieses treffen extra aus Düsseldorf, David, der eine Anreise von acht Stunden in Kauf nahm, um dabei sein zu können und last but not least Khaled, der sich die Mühe gemacht hatte, Treffen zu organisieren.

Von Abdullah

Herzlich Willkommen auf der Seite des JuMuDia, der Plattform des Dialogs zwischen jungen Muslimen und Juden.